Dies ist eine kurze Synopse des Vortrags „Auf dem falschen Dampfer“, den ich am 28.10.2019 auf dem AWF St. Gallen zusammen mit Dave Brupbacher gehalten habe. In diesem Vortrag zeigen wir diverse Beispiele aus dem Kontext der SIX auf, die ich hier weglasse.

Unsere These:

Die Enterprise-Architekten sind in vielen Unternehmen nicht dort wo sie gerne sein wollen. Anstatt strategischen Einfluss zu nehmen, spielen sie Nebenrollen oder modellieren im Elfenbeinturm vor sich hin. Weder das Business noch die Engineers akzeptieren EA wirklich.

Wir sehen die Schuld für diese bedauerliche Situation auch bei den Architekten selbst.

Die „Krankheit“ der EA – in drei wesentlichen Punkten verfolgt die EA heute falsche (bzw. nicht mehr zeitgemässe) Ansätze:

1) Der Fokus auf „Synergien“ und Effizienz im Unternehmen passt nicht mehr. In neuen Industrie-Ökosystemen können diese durchaus zu „Dyssynergien“ werden. Schnelle Veränderungen, auch durch M&A, ändern den Scope und führen den Synergie-Begriff ad absurdum.

2) Der Fokus „Zeit“ wird vernachlässigt. Es wird eine „langfristige“ Sicht eingenommen, aber die Realität der IT läuft heute of viel kürzeren Zeitskalen ab. Lösungen können schon wieder obsolet sein, bevor die „Zielarchitektur“ erreicht ist.

3) Der Top-Down Ansatz, von abstrakten Prinzipien herunter zu Konzepten – und die Funktion der EA als „Kontrolleur“ / „Polizist“ passt nicht mehr zu heutigen Vorgehensweisen. Eine solche EA bringt agilen Teams schlicht keinen Nutzen mehr.

Wir schlagen daher ein neues EA-Paradigma vor. Die EA sollte viel mehr mithelfen, ermöglichen, sich die Finger schmutzig machen, Verantwortung übernehmen:

1) Fokus auf Flexibilität und Resilienz (Definition – Etwas funktioniert weiter, auch wenn sich das Umfeld verändert): Es gibt sehr grosse Freiheit der Applikations-Architekturen. Redundanzen sind oft gut und erstrebenswert. Betreibbarkeit & Security sind und bleiben ein Muss.

2) „Design for Change“- Systeme und auch EA-Systemlandschaften so bauen, dass deren Veränderung einfach wird / bleibt. Klarer Vorrang der Veränderbarkeit vor Effizienz. Das kann z.B. durch gut definierte betriebliche Plattformen mit klaren APIs gefördert werden.

3) Konkrete Lösungen statt Abstraktion und Konzeption. Es gibt nicht mehr den langen Weg, Top-Down von Prinzipien über Konzept und Policy bis hin zur Umsetzung. Vielmehr wird mit praktischen Entscheidungen gestartet, die werden in der Praxis erprobt, und schrittweise verbessert. Wenn nötig, werden formelle Policies dann nachträglich geschrieben. Man kann das „agile EA“ nennen, wenn man will.

Wir haben diese Thesen aus Erfahrungen bei der SIX abgeleitet und erheben nicht den Anspruch auf allgemeine Wahrheit. Mein Gefühl ist aber, dass es hier durchaus einen Trend gibt und der neue Ansatz auch zu vielen anderen Unternehmen passt. In der Essenz zusammengefasst:

Es braucht ein Neues Selbstbild der EA: Sie verliert an Macht und gewinnt Einfluss

Andere Sprecher auf dem o.g. AWF haben das anders formuliert: „Soft Power statt Hard Power“. Das trifft die Sache auf den Punkt.

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